Die Agrobiodiversität spielt eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Produktivität landwirtschaftlicher Ökosysteme. In Zeiten des Klimawandels und zunehmender Umweltbelastungen gewinnt die Vielfalt von Arten, Genen und Lebensräumen in der Landwirtschaft immer mehr an Bedeutung. Doch wie genau wirkt sich Biodiversität auf Agrarökosysteme aus? Welche Funktionen erfüllt sie und wie lässt sie sich messen und fördern? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt aktueller Forschung und agrarpolitischer Diskussionen.
Ökologische Grundlagen der Biodiversität in Agrarökosystemen
Agrarökosysteme unterscheiden sich grundlegend von natürlichen Ökosystemen. Sie sind vom Menschen geschaffene und gesteuerte Systeme, die auf die Produktion von Nahrungsmitteln und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen ausgerichtet sind. Dennoch folgen sie ökologischen Prinzipien und sind auf vielfältige Wechselbeziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt angewiesen.
Die Biodiversität in Agrarökosystemen umfasst mehrere Ebenen: die Vielfalt der angebauten Nutzpflanzen und Nutztierrassen, die genetische Vielfalt innerhalb dieser Arten, sowie die Vielfalt der mit der Landwirtschaft assoziierten wildlebenden Arten wie Bestäuber, Nützlinge und Bodenorganismen. Auch die Vielfalt der Landschaftselemente und Habitate spielt eine wichtige Rolle.
Ein zentrales ökologisches Prinzip ist, dass vielfältigere Systeme in der Regel stabiler und anpassungsfähiger sind. Dies gilt auch für Agrarökosysteme: Eine höhere Biodiversität kann die Resilienz gegenüber Störungen wie Schädlingsbefall, Krankheiten oder Wetterextremen erhöhen. Zudem führt sie oft zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen wie Wasser, Licht und Nährstoffen.
Je höher die Biodiversität in einem Agrarökosystem, desto größer ist sein Potenzial, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und Ökosystemdienstleistungen zu erbringen.
Die ökologischen Mechanismen dahinter sind vielfältig: Unterschiedliche Arten nutzen Ressourcen komplementär, sodass insgesamt mehr Biomasse produziert werden kann. Zudem können sich Arten gegenseitig fördern, etwa durch Stickstoff-Fixierung von Leguminosen oder Beschattung empfindlicher Pflanzen. Nicht zuletzt bietet eine höhere Artenvielfalt auch mehr potenzielle Antagonisten für Schädlinge und Krankheitserreger.
Funktionale Diversität und Ökosystemdienstleistungen
Bei der Betrachtung von Biodiversität in Agrarökosystemen geht es nicht nur um die reine Anzahl von Arten, sondern vor allem um deren funktionale Vielfalt. Diese beschreibt die Bandbreite an ökologischen Funktionen und Rollen, die verschiedene Organismen im System einnehmen. Eine hohe funktionale Diversität ermöglicht es Agrarökosystemen, vielfältige Ökosystemdienstleistungen zu erbringen.
Ökosystemdienstleistungen sind direkte und indirekte Beiträge von Ökosystemen zum menschlichen Wohlergehen. In der Landwirtschaft sind besonders die sogenannten regulierenden und unterstützenden Dienstleistungen von Bedeutung. Dazu gehören unter anderem Bestäubung, natürliche Schädlingskontrolle, Nährstoffkreisläufe und Bodenbildung.
Bestäubungsleistung durch Wildbienen und Honigbienen
Die Bestäubung von Nutzpflanzen durch Insekten ist eine der wichtigsten Ökosystemdienstleistungen in der Landwirtschaft. Schätzungen zufolge hängen etwa 75% der globalen Nahrungsmittelproduktion direkt oder indirekt von der Bestäubung durch Tiere ab. Dabei spielen nicht nur Honigbienen eine Rolle, sondern auch eine Vielzahl von Wildbienen und anderen Bestäubern.
Eine hohe Diversität an Bestäubern erhöht die Stabilität und Effizienz der Bestäubungsleistung. Verschiedene Arten haben unterschiedliche Präferenzen und Aktivitätsmuster, sodass sie sich ergänzen können. Zudem sind diverse Bestäubergemeinschaften weniger anfällig für Schwankungen einzelner Populationen, etwa durch Krankheiten.
Um die Bestäubungsleistung in Agrarökosystemen zu fördern, ist es wichtig, geeignete Lebensräume und Nahrungsquellen für Bestäuber bereitzustellen. Dazu gehören blütenreiche Randstreifen, Hecken und andere naturnahe Landschaftselemente. Auch der Verzicht auf Pestizide und die Förderung ökologischer Anbaumethoden können sich positiv auf Bestäuberpopulationen auswirken.
Natürliche Schädlingsbekämpfung durch Nützlinge
Ein weiterer wichtiger Aspekt funktionaler Biodiversität ist die natürliche Schädlingskontrolle durch Nützlinge. Dazu gehören räuberische und parasitoide Insekten, aber auch Vögel, Fledermäuse und andere Wirbeltiere. Diese natürlichen Gegenspieler können Schädlingspopulationen regulieren und so den Bedarf an chemischen Pflanzenschutzmitteln reduzieren.
Die Wirksamkeit der natürlichen Schädlingsbekämpfung hängt stark von der Vielfalt und Abundanz der Nützlinge ab. Je mehr verschiedene Arten vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass für jeden Schädling ein geeigneter Gegenspieler zur Verfügung steht. Zudem können sich verschiedene Nützlinge in ihrer Wirkung ergänzen und so eine effektivere Kontrolle erzielen.
Um die natürliche Schädlingskontrolle zu fördern, ist es wichtig, geeignete Lebensräume und Überwinterungsmöglichkeiten für Nützlinge zu schaffen. Dazu können Blühstreifen, Hecken, Steinmauern und andere Strukturelemente beitragen. Auch der Verzicht auf Breitband-Insektizide und die Anwendung selektiver Pflanzenschutzmethoden sind entscheidend.
Bodenfruchtbarkeit und Nährstoffkreisläufe
Die Biodiversität im Boden spielt eine Schlüsselrolle für die Fruchtbarkeit und Funktionsfähigkeit von Agrarökosystemen. Bodenorganismen wie Bakterien, Pilze, Regenwürmer und Arthropoden sind an zahlreichen Prozessen beteiligt, die für die Pflanzenernährung und den Nährstoffkreislauf essenziell sind.
Eine hohe Diversität an Bodenorganismen fördert die Zersetzung organischer Substanz, die Humusbildung und die Mobilisierung von Nährstoffen. Zudem verbessern viele Bodenlebewesen die Bodenstruktur und tragen so zu einer besseren Wasserspeicherung und Durchlüftung bei. Mykorrhiza-Pilze gehen Symbiosen mit Pflanzenwurzeln ein und erhöhen deren Nährstoff- und Wasseraufnahme.
Um die Bodenfruchtbarkeit durch Biodiversität zu fördern, sind schonende Bodenbearbeitungsmethoden, vielfältige Fruchtfolgen und der Einsatz organischer Dünger wichtig. Auch der Verzicht auf Pestizide und die Reduzierung von Mineraldüngern können sich positiv auf die Vielfalt und Aktivität der Bodenorganismen auswirken.
Wasserretention und Erosionsschutz
Die Biodiversität in Agrarökosystemen trägt auch zur Verbesserung des Wasserhaushalts und zum Schutz vor Bodenerosion bei. Eine vielfältige Vegetation mit unterschiedlichen Wurzelsystemen kann Wasser besser speichern und den Boden vor Auswaschung schützen. Zudem fördern Bodenorganismen die Bildung stabiler Aggregate, die die Infiltration verbessern und die Erosionsanfälligkeit verringern.
Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang Landschaftselemente wie Hecken, Feldgehölze und Grünstreifen. Sie bremsen den Wind, reduzieren den Oberflächenabfluss und bieten Lebensraum für zahlreiche Arten. Auch Agroforstsysteme, bei denen Bäume oder Sträucher in die landwirtschaftliche Produktion integriert werden, können einen wichtigen Beitrag zum Erosionsschutz leisten.
Die Förderung der Biodiversität zur Verbesserung von Wasserretention und Erosionsschutz erfordert oft eine Umgestaltung der Agrarlandschaft. Dazu gehören die Anlage von Pufferzonen entlang von Gewässern, die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und die Integration von Gehölzstrukturen in die Ackerflächen.
Messungen und Indikatoren der Agrobiodiversität
Um die Biodiversität in Agrarökosystemen zu erfassen und zu bewerten, werden verschiedene Messgrößen und Indikatoren verwendet. Diese ermöglichen es, den Zustand und die Entwicklung der biologischen Vielfalt zu quantifizieren und Maßnahmen zu ihrer Förderung zu evaluieren.
Shannon-Wiener-Index zur Artenvielfalt
Ein häufig verwendeter Indikator für die Artenvielfalt ist der Shannon-Wiener-Index. Er berücksichtigt sowohl die Anzahl der Arten als auch deren relative Häufigkeit in einem Ökosystem. Der Index wird nach folgender Formel berechnet:
H' = -Σ (pi * ln pi)
Dabei steht pi
für den relativen Anteil der i-ten Art an der Gesamtindividuenzahl. Je höher der Wert des Shannon-Wiener-Index, desto größer ist die Artenvielfalt und Gleichmäßigkeit der Artenverteilung in einem Ökosystem.
Der Shannon-Wiener-Index eignet sich gut, um die Diversität verschiedener Agrarökosysteme zu vergleichen oder Veränderungen über die Zeit zu dokumentieren. Er kann für unterschiedliche Organismengruppen wie Pflanzen, Insekten oder Bodenorganismen angewendet werden.
Functional Trait Diversity (FTD) in Agrarökosystemen
Neben der reinen Artenvielfalt gewinnt die Erfassung der funktionalen Diversität zunehmend an Bedeutung. Die Functional Trait Diversity (FTD) beschreibt die Vielfalt funktionaler Merkmale von Organismen in einem Ökosystem. Diese Merkmale können morphologische, physiologische oder phänologische Eigenschaften sein, die die ökologische Funktion und Leistung der Arten beeinflussen.
Zur Messung der FTD werden verschiedene Indizes verwendet, wie beispielsweise der Rao’s Quadratic Entropy Index. Dieser berücksichtigt sowohl die Häufigkeit der Arten als auch ihre funktionale Unterschiedlichkeit. Ein hoher FTD-Wert deutet auf eine große Vielfalt ökologischer Funktionen und potenziell höhere Ökosystemleistungen hin.
Die Erfassung der FTD ist besonders wichtig, um die Auswirkungen von Biodiversitätsveränderungen auf Ökosystemfunktionen zu verstehen. Sie kann Aufschluss darüber geben, wie resilient ein Agrarökosystem gegenüber Störungen ist und wie effizient es Ressourcen nutzt.
Landschaftsmetriken und Habitatfragmentierung
Auf Landschaftsebene werden verschiedene Metriken verwendet, um die räumliche Struktur und Konnektivität von Lebensräumen in Agrarlandschaften zu erfassen. Dazu gehören Indikatoren wie die Patch-Größe, die Randliniendichte oder der Fragmentierungsgrad.
Diese Landschaftsmetriken geben Aufschluss darüber, wie gut verschiedene Habitate vernetzt sind und welche Möglichkeiten Arten haben, sich in der Landschaft zu bewegen. Eine hohe Konnektivität und geringe Fragmentierung fördern in der Regel die Biodiversität, da sie den Austausch zwischen Populationen und die Wiederbesiedlung gestörter Bereiche ermöglichen.
Zur Erfassung von Landschaftsmetriken werden oft Fernerkundungsdaten und Geografische Informationssysteme (GIS) eingesetzt. Diese ermöglichen es, großflächige Analysen durchzuführen und Veränderungen der Landschaftsstruktur über die Zeit zu verfolgen.
Biodiversitätsmanagement in der Landwirtschaft
Die Förderung und Erhaltung der Biodiversität in Agrarökosystemen erfordert ein gezieltes Management auf verschiedenen Ebenen. Von der Betriebsebene bis zur Landschaftsplanung gibt es zahlreiche Ansätze und Maßnahmen, um die biologische Vielfalt in der Landwirtschaft zu unterstützen.
Integrierter Pflanzenschutz nach EU-Richtlinie 2009/128/EG
Der Integrierte Pflanzenschutz (IPS) ist ein wichtiger Ansatz zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. Die EU-Richtlinie 2009/128/EG schreibt vor, dass alle Mitgliedstaaten die Grundsätze des IPS umsetzen müssen. Ziel ist es, den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und natürliche Regulationsmechanismen zu fördern.
Zu den Grundsätzen des IPS gehören:
- Vorbeugende Maßnahmen wie Fruchtfolgegestaltung und Förderung von Nützlingen
- Beobachtung und Prognose von Schaderregerpopulationen
- Einsatz von Schwellenwerten für Bekämpfungsentscheidungen
- Bevorzugung nicht-chemischer Methoden
- Zielgerichteter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit möglichst geringen Nebenwirkungen
Die Umsetzung des IPS kann erheblich zur Förderung der Biodiversität beitragen, indem sie natürliche Regulationsmechanismen stärkt und den Einsatz umweltschädlicher Substanzen reduziert. Landwirte benötigen dafür jedoch entsprechendes Wissen und Unterstützung durch Beratung und Forschung.
Agroforstsysteme und Alley Cropping
Agroforstsysteme kombinieren den Anbau von Bäumen oder Sträuchern mit landwirtschaftlichen Kulturen oder Tierhaltung auf derselben Fläche. Sie bieten vielfältige Möglichkeiten zur Förderung der Biodiversität in Agrarlandschaften. Eine spezielle Form ist das Alley Cropping, bei dem Gehölzstreifen in regelmäßigen Abständen in Ackerflächen integriert werden.
Agroforstsysteme schaffen strukturreiche Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Die Bäume oder Sträucher bieten Nistmöglichkeiten für Vögel, Unterschlupf für Insekten und Kleinsäuger sowie Nahrungsquellen für Bestäuber. Gleichzeitig verbessern sie das Mikroklima, fördern die Bodenbildung und tragen zum Erosionsschutz bei.
Aus ökonomischer Sicht können Agroforstsysteme die Produktivität pro Flächeneinheit erhöhen, indem sie mehrere Nutzungsformen kombinieren. Zudem diversifizieren sie das Einkommen der Landwirte und machen die Betriebe weniger anfällig für Preisschwankungen oder Ernteausfälle einzelner Kulturen.
Grünstreifen und Blühflächen nach dem F.R.A.N.Z.-Projekt
Das F.R.A.N.Z.-Projekt (Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft) hat verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in der Agrarlandschaft entwickelt und erprobt. Besonders erfolgreich haben sich dabei Grünstreifen und Blühflächen erwiesen.
Grünstreifen sind mehrjährige Vegetationsstreifen entlang von Ackerflächen oder Gewässern. Sie bieten Lebensraum für zahlreiche Arten und fungieren als Pufferzonen und Biotopverbundelemente. Blühflächen sind temporäre oder dauerhafte Flächen mit Wildblumen und Kräutern, die insbesondere Bestäuber und andere Insekten fördern.
Das F.R.A.N.Z.-Projekt hat gezeigt, dass schon relativ kleine Flächen einen großen Effekt haben können, wenn sie richtig angelegt und gepflegt werden. Wichtig sind dabei die Auswahl geeigneter, heimischer Arten, eine angepasste Mahd und der Verzicht auf Dünger und Pestizide.
Precision Agriculture zur Reduktion von Pestiziden
Precision Agriculture oder präzise Landwirtschaft nutzt moderne Technologien wie GPS, Sensoren und Drohnen, um landwirtschaftliche Maßnahmen genau an den Bedarf anzupassen. Im Kontext des Biodiversitätsmanagements ist besonders die Möglichkeit zur Reduktion von Pestiziden relevant.
Durch den Einsatz von Sensoren und Bildverarbeitungssystemen können Schädlinge oder Krankheiten frühzeitig und punktgenau erkannt werden. Dies ermöglicht eine gezielte Behandlung nur der betroffenen Bereiche, anstatt ganze Felder flächendeckend zu besprühen. Einige Systeme können sogar zwischen Nutzpflanzen und Unkräutern unterscheiden und letztere mechanisch entfernen oder gezielt mit Herbiziden behandeln.
Die Reduktion des Pestizideinsatzes durch Precision Agriculture kann erheblich zur Schonung von Nichtzielorganismen und damit zur Förderung der Biodiversität beitragen. Allerdings erfordert die Technologie hohe Investitionen und entsprechendes Know-how, was ihre Verbreitung bisher noch begrenzt.
Ökonomische Aspekte der Agrobiodiversität
Die Förderung von Biodiversität in der Landwirtschaft ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Frage. Einerseits können biodiversitätsfördernde Maßnahmen Kosten verursachen oder Erträge reduzieren, andererseits bieten sie auch wirtschaftliche Chancen und langfristige Vorteile.
Zu den potenziellen Kosten gehören:
- Ertragseinbußen durch reduzierte Anbauflächen (z.B. für Blühstreifen)
- Höherer Arbeitsaufwand für komplexere Anbausysteme
- Investitionen in spezielle Maschinen oder Technologien
- Mögliche kurzfristige Ertragsrückgänge bei Umstellung auf pestizidärmere Systeme
Diesen Kosten stehen jedoch zahlreiche potenzielle Vorteile gegenüber:
- Erhöhte Resilienz gegenüber Schädlingen und Krankheiten
- Verbesserte Bestäubungsleistung und natürliche Schädlingskontrolle
- Langfristige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit
- Reduzierte Kosten für Dünger und Pestizide
- Möglichkeiten zur Produktdifferenzierung und Erschließung neuer Märkte
- Zugang zu Förderprogrammen und Agrarumweltmaßnahmen
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, dass viele Leistungen der Biodiversität als öffentliche Güter nicht direkt monetär bewertet werden. Hier sind innovative Ansätze gefragt, um diese Leistungen in Wert zu setzen und Anreize für biodiversitätsfördernde Bewirtschaftungsformen zu schaffen.
Politische Rahmenbedingungen und Förderprogramme
Die Förderung der Agrobiodiversität ist ein wichtiges Ziel der Agrar- und Umweltpolitik auf nationaler und europäischer Ebene. Verschiedene politische Instrumente und Förderprogramme zielen darauf ab, Landwirte bei der Umsetzung biodiversitätsfördernder Maßnahmen zu unterstützen.
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und Greening-Maßnahmen
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist das wichtigste Instrument zur Steuerung der landwirtschaftlichen Entwicklung in Europa. In den letzten Reformrunden wurde die Förderung von Umwelt- und Biodiversitätsaspekten zunehmend verstärkt.
Ein zentrales Element sind die sogenannten Greening-Maßnahmen, die Landwirte erfüllen müssen, um die volle Höhe der Direktzahlungen zu erhalten. Dazu gehören:
- Erhalt von Dauergrünland
- Anbaudiversifizierung (mindestens 2-3 verschiedene Kulturen)
- Bereitstellung ökologischer Vorrangflächen (5% der Ackerfläche)
Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen für die Biodiversität wird allerdings kontrovers diskutiert. Kritiker bemängeln, dass die Anforderungen oft zu niedrig angesetzt sind und zu viele Ausnahmen zulassen.
Vertragsnaturschutz und Results-based Payments
Ergänzend zu den flächendeckenden Maßnahmen der GAP gibt es spezifische Programme zum Vertragsnaturschutz. Dabei schließen Landwirte freiwillige Vereinbarungen mit staatlichen Stellen ab, um bestimmte naturschutzfachliche Leistungen zu erbringen. Im Gegenzug erhalten sie finanzielle Entschädigungen für den Mehraufwand oder Ertragseinbußen.
Ein innovativer Ansatz sind Results-based Payments, bei denen die Förderung nicht an die Durchführung bestimmter Maßnahmen, sondern an das tatsächliche Erreichen von Biodiversitätszielen geknüpft ist. Dies können beispielsweise das Vorkommen bestimmter Indikatorarten oder die Erhöhung eines Biodiversitätsindex sein.
Solche ergebnisorientierten Zahlungen bieten den Vorteil, dass sie Landwirten mehr Flexibilität in der Umsetzung lassen und Innovationen fördern. Zugleich stellen sie höhere Anforderungen an das Monitoring und die Erfolgskontrolle.
Die Förderung der Agrobiodiversität erfordert einen Mix aus ordnungsrechtlichen Vorgaben, ökonomischen Anreizen und Beratungsangeboten. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen praxistauglich sind und von den Landwirten akzeptiert werden.
Insgesamt zeigt sich, dass die Förderung der Biodiversität in Agrarökosystemen eine komplexe Aufgabe ist, die ein Zusammenspiel von ökologischem Verständnis, agronomischem Wissen, ökonomischen Überlegungen und politischer Steuerung erfordert. Die Herausforderung besteht darin, Produktivität und Biodiversität in Einklang zu bringen und landwirtschaftliche Systeme zu entwickeln, die sowohl ökologisch nachhaltig als auch ökonomisch tragfähig sind.